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Bei der IAV – die Abkürzung steht für Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr – arbeitet man seit 40 Jahren an der Mobilität der Zukunft und hat sich über diesen Zeitraum hinweg zu einem global führenden Engineering-Partner entwickelt – und dies auch in der Landwirtschaft. Ein Jahresumsatz von knapp einer Milliarde Euro unterstreicht, in welchem Umfang das Unternehmen seine herstellerübergreifenden Engineering-Leistungen erbringt – die Spanne reicht von lokalen Speziallösungen bis zu weltweiten Großserienprojekten. Die beiden Geschäftsführer des New Ideas Think Tank (NITT) – Dieter Dänzer und Ilja K. T. Führer – haben mit Dr. Tobias Töpfer – er ist Director Agricultural Systems bei IAV – einen Trecker Talk Podcast aufgezeichnet mit dem Prädikat „Hörenswert“ und in Folge dessen mehrere Deep Dives über verschiedene in dem Podcast angesprochene Projekte gemacht. 

Dr. Tobias Töpfer (r.) von der IAV im Trecker Talk Podcast mit den beiden Geschäftsführern des New Ideas Think Tank Dieter Dänzer (m.) und Ilja Führer (l.).

Wie erläutert Dr. Töpfer so schön im Trecker Talk Podcast: „Mit mehr als 40 Jahren Erfahrung und einem unübertroffenen Kompetenzspektrum bringen wir das Beste aus den unterschiedlichsten Welten zusammen: Automotive- und IT-Welt, Hardware- und Software-Welt, Produkt- und Service-Welt. Unsere Auftraggeber unterstützen wir an über 25 IAV-Standorten mit mehr als 7.600 Mitarbeitern und einer erstklassigen technischen Ausstattung bei der Realisierung ihrer Projekte – vom Konzept bis zur Serie. Unser Ziel: Technische Innovationen in Serie bringen”.

Im Podcast erschließt sich gut, welche herausragende Engineering-Expertise IAV auch der Landtechnik-, ja generell der Off-Highway-Branche zur Verfügung stellt, um dem steigenden Nahrungsbedarf, dem Klimawandel, den endlichen Ressourcen und dem Fachkräftemangel zu begegnen.

Deep Dive I:

Nächste Generation von Operator-Terminals

Im ersten Beitrag geht es um das Thema Bedien- und Anzeigesysteme für mobile Arbeitsmaschinen. Neben Dr. Tobias Töpfer beantwortete Frank Büter unsere Fragen. Letzterer ist als Produktmanager verantwortlich für Bedien- und Anzeigesysteme bei IAV.

NITT: Im Podcast wurde unter anderem thematisiert, dass man auf der Agritechnica 2023 auf dem IAV-Messestand in Halle 15, G34 eine neue Generation an Operator-Terminals zeigen werde. Was genau erwartet denn die Besucher, mit welchen neuen Features werden die Terminals aufwarten?

Frank Büter: Wir beschäftigen uns bei IAV seit vielen Jahren mit Bedien- und Anzeigesystemen und haben schon mehrere Generationen von Operator-Terminals entwickelt und an die Anforderungen unseres Kunden angepasst. Den Fokus hatten wir bei der Entwicklung auf der Hardware, sprich Elektronik, Display und Gehäuse – aber natürlich beschäftigten wir uns intensiv mit der Software. Beim Thema Software unterscheiden wir grundsätzlich zwischen der Basissoftware und der sogenannten Applikationssoftware. Und da sich die Anforderungen an Operator-Terminals ständig verändern, müssen unsere Produkte eben dahingehend angepasst werden.

NITT: Steigende Anforderungen sind ein gutes Stichwort: Was sind denn die technischen Trends, die bei neuen Terminal-Lösungen berücksichtigt werden müssen?

Dr. Tobias Töpfer: Die Automatisierungsgrade in moderne Landmaschinen nehmen zwar ständig zu, aber trotzdem gibt es immer mehr Aufgaben und Prozesse, die der Maschinenführer über das Terminal steuern und überwachen muss. Das heißt, die Anforderung an die Rechenperformance und die Darstellungsfläche steigt. Letzterem kann man durch große Zentraldisplays begegnen oder durch mehrere in der Kabine verteilte Displays, die z. B. von einem Hauptterminal gesteuert werden. In jedem Fall muss die Darstellung möglichst hochauflösend und brillant sein.

Wenn man mehrere „Bildschirme“ zur Verfügung hat, dann wächst auch der Wunsch, diese zu nutzen, um die Kabine aufzuräumen und von physischen Schaltern zu befreien. Das Steuern von Funktionen mit Sicherheitsrelevanz über einen Touchscreen stellt jedoch hohe Anforderungen an ein Bediener-Terminal. Hierfür müssen Hard- und Software gut abgestimmt sein. Es geht nicht nur darum die Anforderungen der „Funktionalen Sicherheit“ bestmöglich zu gewährleisten, es gilt auch noch das Thema Cyber-Security zu beachten. Gerade dahingehend hierfür müssen künftige Terminalgenerationen gerüstet sein.

Die angesprochenen Themen sollen stellvertretend für eine große Anzahl an Anforderungen stehen. Das Thema Bediener-Terminal in Agraranwendungen ist sehr anspruchsvoll. Ich bin froh, dass meine Kollegen in den vielen Jahre einen so großen Erfahrungsschatz aufbauen konnten. Ohne dieses Wissen wäre es heute nicht möglich, über eine neue Generation von Terminals zu sprechen.

NITT: Was gibt es für neue Ideen; womit wollt Ihr Eure Kunden überraschen?

Frank Büter: Wir verfolgen drei Hauptthemen, die nach Meinung von IAV ein modernes Operator-Terminal kennzeichnen sollten. Tobias, hat gerade ausgeführt, dass „Funktionale Sicherheit“ ein Thema ist, das sich die Maschinenhersteller wünschen. Dabei geht es einerseits um die Reduzierung der Bedienelemente, vor allem vieler Schalter und Tasten, inklusive deren Variantenvielfalt und andererseits um eine bessere Ergonomie.

Ergonomie bei Anzeigen, die den Aspekten der „Funktionalen Sicherheit“ unterliegen, ist eine Herausforderung, für die wir IAV-Lösungen anbieten können. Neben dem Anzeigen von sicherheitsrelevanten Inhalten spielt zusätzlich die Bedienbarkeit von Funktionen der Maschine, eine ganz besondere Rolle, die den entsprechenden Regeln der „Funktionalen Sicherheit“ unterliegen und die trotzdem via Touch-Screen ausgelöst werden sollen.

Heute ist dies in der Regel nicht möglich, da Betriebssysteme, Treiber und Applikationen nicht entsprechend den Regeln der Sicherheitsstandards entwickelt sind. Um das zu ändern, haben wir Möglichkeiten gefunden, im Zusammenspiel mit einer mit QM-Level entwickelten Linux-Applikation und unseren Safety-Mechanismen, Funktionen sicher via Touch-Event zu steuern.

Neben den Möglichkeiten, Bedienelemente der Funktionalen Sicherheit implementieren zu können, hat IAV ein anderes großes und kritisches Thema im Fokus. Wir haben durch unsere Aktivitäten in der Autoindustrie viel Know-how im Umfeld der Cyber-Security aufgebaut. Dieses Know-how bringen wir in die nächste Generation unserer Operator-Terminals ein.

Zusätzlich bereitet die EU sehr umfangreiche Vorschriften für die Datensicherheit von elektronischen Geräten jeglicher Art vor. Wenn man sich dazu die komplexe Datenhaltung, das Sammeln und Versenden von Daten mit modernen Operator-Terminals anschaut, so ist die Datensicherheit also ein sehr umfangreiches und komplexes Thema. Die Lösungsansätze sind vielfältig – beginnend bei Trusted-Boot, über verschlüsselte Datenbanken, verschlüsselte Datenkommunikation an externen und internen Schnittstellen des Operator-Terminals bis hin zum konformen Umgang mit personengebundenen Daten der Bediener. Insbesondere die Datenkommunikation erfordert die Unterstützung durch Hardwareelemente. Damit lässt sich das Sicherheitslevel mit den bekannten Methoden der Autoindustrie erreichen. Für all dies bieten wir Support mit unserer neuen Plattform.

Drittens wissen wir als IAV, dass die Kabine einer Arbeitsmaschine für die Bediener quasi deren Wohnzimmer ist. Die Anzeigen sollten also bequem ablesbar sein und die Inhalte sicher und in ausreichender Größe dargestellt werden. Der Maschinenhersteller sollte viele Optionen zur Darstellung haben, und schließlich sollen die Anzeigen schlank und elegant aussehen. Wir sprechen also über eine möglichst hohe Flexibilität beim Anschluss von Displays in Bezug auf Anzahl, deren Auflösung und möglicher Einbausituation innerhalb der Kabine.

Natürlich spielt auch die kostenseitige Differenzierung verschiedener Baureihen eine Rolle. IAV hat ein flexibles System entwickelt, das neben viel Rechenleistung den Anschluss verschiedener Displays zulässt. Wir können bis zu drei Displays in Full-HD und zusätzlich zwei Displays z. B. zur Darstellung von Kamerabildern anschließen. Die Ansteuerung eines klassischen Kombiinstrumentes ist eine Selbstverständlichkeit. Da die Displays via seriellem Link angebunden sind, ist deren Platzierung innerhalb der Kabine komplett frei.

Wir haben ein System am oberen Ende der Leistungsklasse entwickelt. IAV hat zudem das klassische Design einer „Silberbox“ zusammengebracht mit dem ersten Display, welches im allgemeinen als Grundausstattung verbaut wird. Damit entsteht für die Grundausstattung ein klassisches All-in-One-Terminal. Das hilft, Platz und Kosten zu sparen.

Noch ein Wort zu den Kameras: Im standardmäßigen Ausbau haben wir vier digitale Full-HD-Kameras vorgesehen. Diese werden nicht über Ethernet angeschlossen, und damit kommt es auch nicht zu der üblichen CPU-Belastung.

NITT: Ab wann wird man die Ideen von IAV in den Maschinen sehen können?

Dr. Tobias Töpfer: Ein Terminal verkauft man nicht von der Stange. Das Gerät muss hard- und vor allem softwareseitig voll in die Maschine integriert werden. Wir werden die Plattform bis zu einem sehr gut überlegten Punkt entwickeln. Dies ist dann unser Aufsatzpunkt für eine abschließende kundenspezifische Entwicklung. Die Lösungen und auch das Zusammenarbeitsmodell sind dabei sehr von den Vorstellungen und Bedürfnissen unserer Kunden abhängig. Aber egal, wie wir zusammenfinden, wir wollen an einem festhalten: Unsere Kunden sollen mit uns immer einen verlässlichen und beweglichen Partner an ihrer Seite haben.

NITT: Könnte man Eure Lösungen nicht auch anderweitig gut gebrauchen?

Frank Büter: Generell kann man sich hier viele kommerzielle Anwendungen vorstellen. Die Land- und Baumaschinenbranche sowie die Intralogistik und die Kommunalmaschinen stehen sehr weit oben auf der Liste. Wir sind uns aber auch für Spezialanwendungen nicht zu schade, die sich nicht in diese Kategorien einsortieren lassen.

Dieter Dänzer
Als langjähriger Chefredakteur und zuletzt Herausgeber hat er die diversen Social-Media-Kanäle mit auf Reichweite und Relevanz getrimmten Landtechnikinhalten gefüllt.

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